Im Folgenden ist für mich der "Host" der Organisator des Meetings.
Technisch gesehen ist der Host auch ein Teilnehmer,
wenn ich hier jedoch von Teilnehmern schreibe, fällt er meistens nicht darunter.

Als Entwickler bin ich echt kein Freund von Meetings. Es sind meistens zu viele, und sie sind meistens zu lange, zu unfokussiert und halten mich (zumindest gefühlt) mehr von meiner eigentlichen Arbeit ab, als sie mir helfen, sie zu machen.

Wenn ich meinem Terminkalender schon sehe, dass zu einem 2 Stunden Meeting mit 5, oder noch besser 10, 15 oder 20 Leuten eingeladen wird, rollen meine Augen, denn in dem Moment wissen wir doch alle:

  • Mindestens 25% der Personen haben gar nichts, oder nur entfernt etwas mit dem Thema zu tun und fragen sich selbst, warum sie eingeladen wurden.
  • Mindestens 40% Personen werden über die gesamte Zeit kein einziges Wort sagen, aber dafür immer artig nicken, wenn sie von jemandem der gerade redet, angeschaut werden.
  • Der Host wird grob das Meeting moderieren und versuchen die Punkte zu erklären, derentwegen er den Termin angesetzt hat, aber nur selten wirkliche Neuigkeiten bereitstellen.
  • Eine Person wird mit dem Host diskutieren und sich in Kleinigkeiten aufhängen.
  • Mindestens eine andere Person wird so tun, als ob sie sinnvollen Input gibt, jedoch jedes Mal absolut nur ins Labern abdriften. Diese Person erkennt man meistens daran, dass sie direkt defensiv ihre Punkte einführt und dann über den Sinn der Welt schwadroniert:
    • “Ich habe auch mal gehört, dass…“
    • “Nur um das mal kurz einzuwerfen…“
    • “Man könnte auch mal darüber nachdenken, dass…“
    • und der Klassiker: “…aber das war nur so ein Gedanke.”

AAAAAHRGH 😵‍💫

Ich selber würde mich in dieser Situation immer in eine von zwei Rollen einteilen:

  1. Entweder, das Thema ist mir wichtig; dann versuche ich zu prüfen, ob der Host seinen Job gemacht hat, stelle kritische Fragen und bin auch gerne mal der, der etwas zu viel diskutiert.

  2. Oder: Das Thema interessiert mich doch nicht, nur habe ich jetzt leider den Termin angenommen, was dazu führt, dass ich einfach mein Maul halte, hoffe, dass die Anderen es auch tun, und warte, dass der ganze Spaß ein Ende findet.

Je nachdem, in welcher Position ich dabei bin, ist es meistens nervig, wenn jemand Anderes in der jeweils gegensätzlichen Position ist:

  1. Wenn ich Fragen stelle und Andere nur ‘rumdrucksen, weil ihnen das Thema egal ist, bekomme ich keine guten Antworten. (Das nervt)
  2. Wenn mich das Thema nicht interessiert, will ich, dass das Meeting zu Ende geht und bin angefressen, wenn viele irrelevante Fragen gestellt werden. (Das nervt fast noch mehr)

Eine grundsätzlich bescheuerte Prämisse, die zur ersten und einfachsten Frage führt:

Was ist ein schlechtes Meeting?

Meetings an sich sind nicht alle gleich kategorisch unnötig, jedoch gibt es erschreckend viele Faktoren, die zu einem schlechten Meeting führen.

Ressourceneinschätzung

Dem Host des Meetings ist nicht aktiv bewusst wie teuer dieses Meeting gerade ist.

Ich persönlich wäre manchmal unironisch für eine Uhr, welche sekündlich anzeigt, wie teuer ein Meeting über Zeit für die Firma wird. Hierfür wird einfach der Bruttolohn aller Anwesenden aufsummiert und mit der verstrichenen Zeit multipliziert. Diese Kosten könnten auch bereits bei der Planung des Meetings angezeigt werden.

Ein wöchentlicher Sprintwechsel mit 4 Entwicklern und einem Produktmanager würde die Firma z.B. monatlich mindestens 1000€ kosten. Etwas, was einem Host vielleicht gar nicht direkt klar wird, wenn er einen Serientermin einstellt.

Relevanz

Der Host des Meetings kann vorher nicht einschätzen, für wen das Meeting wirklich relevant wird.

Man sieht dies dann meistens recht akkurat an der Zahl der Schweigenden. Wenn der Host Fragen stellt, die nicht beantwortet werden können, manche Leute nie direkt adressiert werden oder selbst die ganze Zeit still bleiben, ist die Chance, dass sie eigentlich nichts in dem Meeting verloren haben, recht hoch.

Eine Frage, die man sich hier vorher stellen sollte, ist, und zwar für jede Person ist: “Welchen Mehrwert bietet ein/eine ${Position} in einer Diskussion über ${Thema}?” und nicht: “Könnte ${Person} das interessant finden?”

Dauer & Zielsetzung

Dem Host ist nicht vollends klar, welche Fragen er beantwortet haben will, und wie lange er dafür braucht.

Es ist sehr einfach, ein 2 Std. Meeting mit 10 Leuten einzuberufen und sich danach produktiv zu fühlen, weil man über viele kleine Unterthemen gelabert hat. Aber will man das? Welche konkreten Fragen wurden wirklich beantwortet? Und welche konkreten Fragen wurden überhaupt gestellt?

Allzu häufig kommt es vor, dass es Meetings ohne klares Ziel gibt und man sich einfach zu einem Thema “austauscht” ohne dabei wirklichen Mehrwert zu schaffen.

Ein Meeting mit Ziel kann vor allem auch zu lange dauern, sodass man als Teilnehmer mit all dem Input gar nicht klarkommt und schon währenddessen wieder Punkte vergisst.

Was ich als Teilnehmer von einem Meeting erwarte

Wenn ich selber Gast in einem Meeting bin, hoffe ich, dass Fragen gestellt werden, an denen ich selber interessiert bin oder die ich beantworten kann; diese Antworten sollten jedoch nicht offensichtlich sein.

Ich wünsche mir, dass ich entweder mit einer neuen hilfreichen Information, oder einer nicht-trivialen Aufgabe aus dem Gespräch gehe und ich möchte schon während des Treffens meinen eigenen Teil dazu beigetragen haben, statt gelangweilt nebenher auf meinem Laptop Backlog-Items zu bearbeiten.

Was ist also ein gutes Meeting?

Nicht nur Infos

Ein Meeting, welches rein informativ ist, kann in meinen Augen keine 1 auf dem Zeugnis bekommen.

Wenn man Anderen von der neuen Produktidee, dem Austausch mit der Partnerfirma oder dem Absturz der Staging-Umgebung berichten will, sollte man dies, und ich kann es nicht laut genug sagen, SCHRIFTLICH TUN!

Worte werden vergessen, Gespräche sind per Definition mindestens zu 50% Schall und Rauch1 und ich kann nicht mal eben das Meeting von letztem Monat rauswhippen und nachlesen, denn sind wir mal ehrlich: Gute Notizen zu Meetings gibt es nur allzu selten.

Bevor man einen Text veröffentlicht, kann man ihn sich nochmal durchlesen; danach kann er kommentiert, editiert, versioniert, verifiziert und kopiert werden. Ein Gespräch wird höchstens interpretiert, und das ist bei mehreren und den meisten Zuhörern nicht unbedingt hilfreich.

Wenn du mir also mitteilen willst, was passiert ist oder was ich jetzt machen soll, schreib mir eine E-Mail, oder auf Confluence, oder in MS-Teams, oder im GitHub-Wiki. Kritzel es meinetwegen mit permanent-Edding an ein Whiteboard, is’ mir egal, aber: Ich will es nachlesen können.

Fazit:

Ein gutes Meeting ist nie rein informativ. Wenn man etwas mitteilen will, ist eine beliebige Form von Textnachricht oder Knowledgebase-Artikel die bessere Option.

“Okay. Aber wenn man keine Informationen vermitteln darf, was soll man sonst im Meeting machen?”

Haaaaaalt Stop! Das hab ich nicht gesagt!

Ein gutes Meeting sollte nie nur aus Informationen bestehen, aber kann natürlich welche enthalten! Es wäre an dieser Stelle sinnvoll, die präsentierbaren Informationen vorher schriftlich zu erfassen und Handouts auszugeben oder den jeweiligen Artikel zu referenzieren. Viel wichtiger ist jedoch:

Der Host eines guten Meetings hat mindestens eine Frage für jeden Beteiligten

Damit klärt sich auch schon ein bisschen das Problem der Relevanz des Meetings für die jeweiligen Teilnehmer. Ein gutes Meeting funktioniert nicht mehr, wenn nur ein beliebiger Teilnehmer ausfällt, denn sollte dies egal sein, stellt sich die Frage: War das Meeting für diesen Teilnehmer überhaupt relevant?

Umgekehrt sollte man als Host vor dem Einladen drei Dinge tun:

  1. Sich konkrete Fragen überlegen, die man beantwortet haben will.
  2. Die jeweils geeignetste Person heraussuchen, um diese Frage zu beantworten.
  3. Dem “Optionaler Teilnehmer hinzufügen”-Button in Outlook und MS-Teams einen qualvollen Tod wünschen.

Es ist an dieser Stelle nicht hilfreich, erst Personen zu sammeln, die interessiert sein könnten und danach die Fragen für die Personen auszuarbeiten.

Fazit:

Das Ziel eines guten Meetings ist es, zusammen konkrete Probleme anzugehen und die Zeit dabei produktiv zu nutzen. Dies geht am besten mit vorbereiteten Fragen.

Kein Teilnehmer darf dabei optional sein.

Die Teilnehmer eines guten Meetings sollten kompetent & informiert sein

Dieser Punkt ist eigentlich selbstverständlich. Der Effort, der in der Realität in diese Problematik gesteckt wird, ist nur meistens zu gering.

Fachkompetenz ist Fähigkeit und Wissen in/zu einem bestimmten, spezialisierten Fachgebiet.

Wenn man einen Entwickler in ein Meeting zur Diskussion der Produktkonzeptionierung einlädt, muss man nicht überrascht sein, wenn der Mehrwert ausbleibt: Diese Person mag noch so intelligent sein; es fehlt hier an Fachkompetenz (und dadurch auch Zuständigkeit).

Fazit:

Vor dem Meeting sollte man überlegen, ob alle Teilnehmer das Know-How haben auf diese Fragen zu antworten. Sollte dies absehbar nicht ohne Recherche möglich sein, sollten sie die Fragen bereits vor dem Meeting bekommen, um ihre Antworten vorbereiten zu können.

Wenn das Meeting mit einer Informationsphase einleitet, sodass danach die Diskussion entstehen kann, sollten diese Informationen schriftlich vorab verfügbar sein, oder zu Beginn des Meetings gemeinsam durchgegangen werden.

Ein Meeting darf sich selbst nicht für zu wichtig halten

Hier kommen mehrere Dinge zusammen:

Mehr als eine Stunde Diskussion ist zu viel

Auch wenn es eine Stunde vor dem Mittagessen und eine danach ist; wenn man nach der Ersten kein zufriedenstellendes Diskussionsergebnis hat, reicht die Informationslage einfach nicht, und mindestens der Host sollte noch einmal in die Research-Phase gehen.

Serientermine sind Schmutz

Interne Dailys, Weeklys und selbst Monthlys sind nicht effizient. Klar, wenn man einem externen Partner inkrementellen Fortschritt vorstellen will, läuft es auf so etwas hinaus, jedoch kann man mir nicht erzählen, dass das Projekt mit der höchsten Priorität dieselbe Frequenz an Meetings fordert, wie das halb tote nice-to-have Abstellprojekt, was hauptsächlich als Beschäftigungstherapie gilt.

(Grüße gehen dabei an den guten, alten Sprintwechsel raus)

Unterschiedliche Themen haben zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlichen Informations-out- und -input und damit unterschiedliche Relevanz. Schedule your Meetings accordingly und sei gerne so spontan wie möglich!

Wir nennen das Ganze ja nicht umsonst “Agile Softwareentwicklung”. höhöhö xD

Gesamtfazit

Ironischerweise ist der Post etwas länger geworden. Aber das passiert und illustriert, fürchte ich, dass es viele Probleme gibt, die man, zumindest in meinen Augen, an Meetings verbessern kann.

Ich weiß, dass große Firmen dieselben Probleme haben und ich weiß, dass es vor allem im Management auch das Problem von zu vielen Meetings gibt. Ich selbst bin zum Glück noch in der recht komfortablen Situation, wenige Meetings ausrichten zu müssen und nicht täglich zu welchen eingeladen zu sein.

Personen, deren Arbeitstag ausschließlich aus Meetings besteht, fallen sicher auch dem Irrtum zum Opfer, dass dieselben Meetings mit denselben Leuten eine sinnvolle Informationsquelle bieten; ihnen fällt jedoch wahrscheinlich selten auf, dass eigene Recherche zwischendurch nicht nur praktisch, sondern absolut notwendig ist.

Ich würde mich also allgemein über eine (bessere) Vorbereitung freuen, denn so entsteht das perfekte Meeting:

  • Man hat eine konkrete Frage.
  • Man recherchiert die Frage und findet heraus, dass es mehrere Antwortmöglichkeiten gibt.
  • Man bereitet die Informationen auf und stellt die Fragen schriftlich an die relevanten Kollegen.
  • Man stellt einen Termin ein, zu dem die Kollegen sich eine informierte Meinung gebildet haben sollen.
  • Man trifft sich und diskutiert in einem vorher festgelegten Zeitraum und kontrolliert dabei ständig, dass man nicht vom Thema abkommt.
  • Man macht während des Meetings Notizen.

Und wünschenswerter Weise:

  • Man kommt zu einem gemeinsamen Lösungsvorschlag.
  • Man notiert diesen.
  • Man definiert einen Raum in dem später auftretende Probleme mitgeteilt werden.
  • Man geht nach 30 Minuten pünktlich zum Mittagessen und es gibt Schnitzel :)

  1. Diese Statistik ist nicht offiziell bestätigt, es ist jedoch davon auszugehen, dass es in Raucherpausen zu mehr als 79% kommt.